Solomon Islands II

Hali Hallo…

Als erstes muss ich euch meine Geschichte mit der Spinne erzählen. Heute Morgen kurz nach sechs torkle ich schläfrig aus meinem Bett auf die Toilette. Kaum abgesessen, erlitt ich den ersten Herzstillstand in meinem Leben…

An der Wand neben mir erblickte ich nämlich eine riiiiiesige Spinne (die verzehrt wahrscheinlich täglich kleine Bärbis!!!). Ich war innert Hundertstelsekunden wieder aus der Toilette gerannt und habe André geweckt. Dieser nahm einen Flug aus dem Bett (Ich weckte ihn nicht so sanft) und schaute sich das Monster selbst an. Und ihr glaubt nicht wie froh ich war, als sogar André sehr beeindruckt war von der Grösse der Spinne (fast so gross wie eine Tarantel, sprich Handflächengrösse!).

Ja, den Weg ins Jenseits hat die Spinne anschliessend an André’s Turnschuhsohlen klebend angetreten… Aber den heutigen Tag verbrachte ich eigentlich nur damit, überall und immer nach Spinnen Ausschau zu halten.

Jetzt aber zurück zum normalen Leben hier in Honiara. Die Salomonesen sind sehr freundliche und ausgeglichene Menschen (ausser unter Alkoholeinfluss, was hier ein grosses Problem ist, wegen der hohen Arbeitslosigkeit). Es gibt drei verschiedene Völkergruppen: die Polynesier, die Melanesier und die Gilbertesier. Sie unterscheiden sich durch leichte Unterschiede der Hautfarbe und der Haare. Die Leute sind eher klein gewachsen und von stämmiger Postur.

Aber das Lustigste sind die Füsse! Die meisten hier tragen keine Schuhe, oder wenn, dann nur Thongs (= Flipflops, haben also nicht die gleiche Bedeutung wie in den USA :-)), und das seit Kindheit. Das hat wohl in der Evolution dazu geführt, das sie mega breite Füsse haben, richtige Flossen. Und vom Barfuss laufen ist die Fusssohle beinahe platt und rund. So ein Vorderfuss kann gut 15 cm breit sein…

Der Lieblingsspruch der Salomonesen ist: ‚we will do it tomorrow‘, und diesen Spruch hört man dann jeweils auch am nächsten Tag… Für uns Schweizer sehr ungewohnt, aber man gewöhnt sich daran, dass hier alles viel viel viel langsamer geht, eben in Solomon Time.

So werden auch die Arbeitszeiten sehr individuell gestaltet! Ich und die Stationsleitung sind immer um 7.00 Uhr da, die anderen trudeln zwischen 7.05 und 9.00 mal ein…. Vorgestern tauchte die Nachtwache nicht auf, was soll’s, macht halt die Pflegehilfe alleine Nachtwache!

Das Spital hat circa 300 bis 400 Betten. Alleine die chirurgische Abteilung, auf der ich arbeite, hat 56 Betten. Das heisst, zwei 24er Zimmer und vier 2er Zimmer. Dazu kommen noch alle Angehörigen, die die Patienten begleiten. Pro Patient ist das mindestens eine Person, manchmal aber auch zwei, drei, oder die ganze Familie!! Die Angehörigen kümmern sich um die Patienten, essen mit ihnen, waschen sie, und schlafen auf dem selben Bett, oder auf einer Bastmatte am Boden.

Man könnte denken, bei so vielen Menschen in einem Raum sei sicher die Hölle los, aber da irrt man sich gewaltig. Niemend beschwert sich, niemend jammert, jeder hilft jedem und Schmerzen ist ein Wort, das man sehr selten zu hören bekommt. Die Schmerzschwelle ist unheimlich hoch, für uns beinahe unglaublich, wenn wir es nicht selbst erleben würden. Leute mit gebrochenen Knochen, frischen Amputationen, schlimmsten tiefen Wunden, kommen beinahe ohne Schmerzmittel aus.

Die Leute kommen oft erst Tage oder Wochen nach schweren Verletzungen ins Spital. Das hat drei Gründe: Erstens, weil der Weg lang ist, zweitens, weil zuerst etwas anderes erledigt werden musste, drittens, weil sie denken, es sei nicht so schlimm. Überspitzt gesagt, muss der Knochen zuerst in eine andere Richtung schauen, bevor sie es als abnormal empfinden. (Ich weiss nicht mal ob man das wirklich als überspitzt bezeichnen kann).

Letze Woche wurde eine Frau gebracht, die aus Eifersucht von ihrem Mann mit einer Axt auf den Kopf geschlagen wurde. Man versuchte die Frau noch zu retten, und führte eine Gehirnoperation durch, aber (GCS von 4, für die Krankenschwestern und ÄrztInnen unter euch), ueberlebte es nur noch einen Tag nach der Operation.

Oder ein Kind kletterte auf einen Mangrovenbaum, und fiel hinunter auf einen Ast. Dieser Ast hatte einen grossen Stachel, welcher das Kind wortwörtlich aufspiesste. Das heisst, er ging beim Gesäss hinein und bei der Lunge wieder heraus!!!!!!! Doch das Unglaubliche ist, der Stachel hat kein ein Organ verletzt ausser der Lunge, scheint einem unmöglich, aber es ist die Wahrheit. Aber keine Angst, nicht jeder Patient hat eine solch haarstraubende Geschichte.

Ich hoffe, dass ihr trotz den Schauergeschichten noch weiterhin unsere Mail lesen werdet.

Nächstes Mal erfahrt ihr, warum viele Einheimische dauernd knallrote Zähne haben, als hätte sie jemand in die Fresse gehauen (das war jetzt ein Satz von André).

Also bis bald

Barbara und Andre

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