Hallo zäme,
Unsere Zeit hier auf den Salomonen neigt sich dem Ende zu, was wir im grossen und ganzen sehr bedauern. Speziell in den letzten zwei Wochen wurde uns nochmals bewusst, in was für einem Paradies wir hier eigentlich leben. Mehr dazu später.
Natuerlich gibt es auch zahlreiche Dinge, die wir kaum erwarten können. Hier mal unsere täglich aktualisierte Top Five List:
- Waschmaschine (saubere, geruchsfreie Kleider… das wär mal wieder was)
- Kino (3 Monate Fernseh- und Kinoabstinenz ist hart)
- Steak mit Pommes Frites (Fisch und Reis haben wir gesehen)
- Musik (Mal wieder was anderes wäre cool)
- Ferien (hei, wir arbeiten schliesslich hier!)
Noch zwei mal schlafen… 🙂
Aber kommen wir zurueck auf unseren Trip in die Western Province, welche ein paar 100 Kilometer von Guadalcanal entfernt liegt. Die zwei Wochen, die wir dort verbrachten, sind unvergesslich. Eigentlich planten wir ursprünglich, auf dem Seeweg dorthin zu fahren. Dabei haben wir völlig vergessen, dass planen hier ja gar nicht möglich ist. Ts ts. Aber wir habens zumindest versucht: Normalerweise fährt nämlich jeden Sonntag ein Boot in Honiara los. Wobei die Bezeichnung Boot übertrieben ist, „schwimmender Rosthaufen“ wäre treffender. Wie auch immer, es hätte eigentlich fast alles geklappt, doch als wir wohlweislich am Freitag nochmals die Buchung bestätigen wollten, war da plötzlich kein Boot mehr am Sonntag verfügbar…
Zum Glück war Solomon Airlines aehnlich flexibel wie wir, so dass wir bereits am Samstag unser Flugzeuglein bestiegen (für die Kenner: eine 16-plätzige DHC-6 Twin Otter). Es wurden Gepäck mit Passagier auf die Waage gestellt, wofür mir 2 verschiedene Gründe genannt wurden:
- sie laden immer das Maximalgewicht, indem sie zusätzliche Fracht mitnehmen
- sie nehmen nur so wenig Sprit mit wie für das Gewicht und Distanz nötig…
Ich vermute, es ist eine Kombination von beiden… na ja, macht irgendwie Sinn. Weniger sinnvoll erschien mir die extrem kurze, grasbedeckte Landebahn in Gizo. Sie benutzen eines der winzigen Inselchen als Landeplatz (siehe Foto). Wenig Sprit sprach dafür, dass wirs nicht bis auf die Insel schaffen, Maximalgewicht dafür, dass wir über die Landebahn hinaus schiessen. Die Chancen für eine nasse Landung schienen mir folglich hoch, doch der Pilot hatte alles bestens im Griff.
In Gizo selber, übrigens zweitgroesste „Stadt“ der Salomonen mit 4500 Einwohnern, arbeiteten wir kurz im Spital, doch viel gabs nicht zu tun. Es sprach sich jedoch schnell herum, dass ein Waetman (White man) mit Computerkenntnissen da ist, so dass ich noch anderen Leuten zu helfen versuchte. Oftmals konnte ich nur noch den Tod derer „Patienten“ feststellen, verursacht durch Stromschlag infolge hoher Luftfeuchtigkeit. Tja, Computer haben wahrlich eine kurze Lebenserwartung hier.
Eine Hand wäscht die andere, so konnte ich meinen Tauchkurs teilweise mit dem Zusamenbau eines Computers finanzieren. Das Tauchen selber war absolut genial, sehr vielseitig. Wir schwammen durch ein japanisches Schiffswrack aus dem zweiten Weltkrieg, liessen uns von der Strömung in 28m Tiefe entlang der Kennedy Wall treiben, usw (Für die Taucher unter Euch: ja ja, ich weiss, fuer Anfänger wären nur 18m erlaubt, aber hier nimmt das niemand so genau…).
Die Kennedy Wall ist übrigens gleich neben Kennedy Island (nur ca. 50m Durchmesser), wo wir jeweils unser Mittagessen einnahmen. Die Insel ist nach dem amerikanischen Ex-Praesidenten benannt. Der Hintergrund ist recht spannend: Im zweiten Weltkrieg wurde Kennedy’s Torpedoboot 4 Meilen von dieser Insel entfernt von einem japanischen Zerstörer gerammt und versenkt.
9 der 11 Besatzungsmitglieder konnten sich zum Teil mit Kennedy’s Hilfe auf eben diese Kennedy Island retten. Diese Heldentat hat massgeblich dazu geführt, dass JFK gewählt wurde. Schade bevorzugt heute Amerika Idioten statt Helden… oops, sorry, Mr. Bush.
Nebst Tauchen genossen wir das Nachtleben, welches an und für sich langweilig wäre, doch lernten wir ein cooles, trinkfestes Engländerpärchen kennen. Wir gaben ihnen jeweils je 8 Bier Vorsprung, bis wir dann auch in die Party einstiegen, so dass wir am Ende des Abends in etwa auf dem selben Pegel waren… 🙂
Die letzten 4 Tage wollten wir eigentlich in der Marovo Lagoon verbringen, welche als einer der schönsten Tauchplätze der Welt gilt. Doch auch dieser Plan schlug fehl, diesmal verursacht durch Solomon Airlines. Als wir am Mittwoch von Gizo nach Seghe fliegen wollten, war der dortige Flugplatz wegen sintflutartigen Regenfällen geschlossen. So flogen wir erst mal bis Munda, um von dort aus am nächsten Tag weiterzufliegen. Man vergass leider in Gizo zu erwähnen, dass am folgenden Tag das Flugzeug voll ist. Trotz gefährlich hohem Blutdruck bewahrten wir salomonesische Ruhe. Wir quartierten uns in der Agnes Lodge ein, welche bekannt für gutes Essen ist. Unser Gaumen fand das Essen denn auch hervorragend, Magen und Darm konnten jedoch nichts damit anfangen.
Am Donnerstag lagen wir folglich (nebst 7 weiteren Leuten) im Bett und liessen uns das Essen des Vortags nochmals durch den Kopf gehen…
Am Freitag immer noch kein Flug nach Seghe, geschweige denn zurück nach Honiara. Der Grund lag darin, dass einer der Piloten, ein Australier, beim Start das Flugzeug buchstäblich in die Büsche setzte, als sein Flugzeug im kniehohen, nassen Gras (kein Geld zum mähen) zu schlingern anfing. Hätte er doch auf die einheimischen Piloten gehört, welche wegen Regen und heftigen Boen abgeraten haben, überhaupt zu starten…
Also entschieden wir uns für einen Resort auf Lola Island gleich neben Munda. Joe, ein vor 20 Jahren ausgewanderter Ami, hat dort eine wunderschöne Eco-Lodge namens Zipolo aufgebaut. Auch sein Computer brauchte Pflege, was sich wiederum positiv auf die Kosten unseres Angeltrips auswirkte. Ja Leute, mittlerweile nehmen wir die Fische nicht nur aus und kochen sie, nein, wir fangen sie gleich selber!
Anfangs war ich skeptisch: Wie oft machte ich mich mit meinem Vater in aller Herrgottsfrühe zum Arnensee auf, spiesste unbarmherzig einen Wurm auf den Haken und wartete schlotternd stundenlang vergeblich auf einen einzigen Biss? Gut, versuchen konnte man’s ja.
Ich staunte nicht schlecht ob dem hiesigen Köder: Ein täuschend echter Plastikfisch in etwa so gross wie eine Forelle (ok, ich übertreibe schon beim Köder…). Die Angel selber ist mit Schaumstoff gepolstert und hat ein spezielles T-Stueck am hinteren Ende, welches im Fall eines Bisses oberhalb der Lende angelegt wird, und dann heisst’s ziieeeeheeeeennnn. Lacht nur, zuerst musste ich auch schmunzeln. Doch unser Guide zeigte uns ein Photo mit einem 1.20m langen fetten Thunfisch, an dem er über eine Stunde lang gezoooogen hat, bis der Fisch endlich so müde war, dass er eingezogen werden konnte. Das überzeugte mich, und ich beschloss, die Angel mit beiden Händen zu halten.
Wir fuhren also mit dem Boot durch ziemlich hohe Wellen, die Köder hinter uns herziehend. Nach nur 15 Minuten bog sich Barbara’s Angel dramatisch durch. Nach schweisstreibendem ziehen-kurbeln-ziehen-kurbeln war der Fisch an Bord. Ein sogenannter Color Trout, ca. 1/2 meter lang. Nach ein paar weiteren Minuten hatten wir dann beide gleichzeitig einen Baby Yellow Fin Tip Tuna an der Angel. Wow, Spektakel pur.
Am Abend gab’s dann eine Geburtstagsparty für die beiden Töchter von Joe (Junge, unliierte Männer aufgepasst: Eine wurde 21 und sieht gut aus…).
Alles in allem ein grandioses Erlebnis. Am Sonntag bestätigten wir 1h vor dem Flug unsere Plätze, fuhren mit dem Boot zurück nach Munda, gingen zum Airport. Wir waren nicht ueberrascht, als das Flugzeug zwar da, aber defekt war… am Montag gings dann definitiv zurück nach Honiara.
That’s it. Unser nächstes Mail erhaltet ihr aus Neuseeland.
Viele Grüsse,
André und Barbara