Archiv der Kategorie: Reise 2004/2005

Solomon Islands V

Hallo zäme,

Unsere Zeit hier auf den Salomonen neigt sich dem Ende zu, was wir im grossen und ganzen sehr bedauern. Speziell in den letzten zwei Wochen wurde uns nochmals bewusst, in was für einem Paradies wir hier eigentlich leben. Mehr dazu später.

Natuerlich gibt es auch zahlreiche Dinge, die wir kaum erwarten können. Hier mal unsere täglich aktualisierte Top Five List:

  1. Waschmaschine (saubere, geruchsfreie Kleider… das wär mal wieder was)
  2. Kino (3 Monate Fernseh- und Kinoabstinenz ist hart)
  3. Steak mit Pommes Frites (Fisch und Reis haben wir gesehen)
  4. Musik (Mal wieder was anderes wäre cool)
  5. Ferien (hei, wir arbeiten schliesslich hier!)

Noch zwei mal schlafen… 🙂

Aber kommen wir zurueck auf unseren Trip in die Western Province, welche ein paar 100 Kilometer von Guadalcanal entfernt liegt. Die zwei Wochen, die wir dort verbrachten, sind unvergesslich. Eigentlich planten wir ursprünglich, auf dem Seeweg dorthin zu fahren. Dabei haben wir völlig vergessen, dass planen hier ja gar nicht möglich ist. Ts ts. Aber wir habens zumindest versucht: Normalerweise fährt nämlich jeden Sonntag ein Boot in Honiara los. Wobei die Bezeichnung Boot übertrieben ist, „schwimmender Rosthaufen“ wäre treffender. Wie auch immer, es hätte eigentlich fast alles geklappt, doch als wir wohlweislich am Freitag nochmals die Buchung bestätigen wollten, war da plötzlich kein Boot mehr am Sonntag verfügbar…

Zum Glück war Solomon Airlines aehnlich flexibel wie wir, so dass wir bereits am Samstag unser Flugzeuglein bestiegen (für die Kenner: eine 16-plätzige DHC-6 Twin Otter). Es wurden Gepäck mit Passagier auf die Waage gestellt, wofür mir 2 verschiedene Gründe genannt wurden:

  • sie laden immer das Maximalgewicht, indem sie zusätzliche Fracht mitnehmen
  • sie nehmen nur so wenig Sprit mit wie für das Gewicht und Distanz nötig…

Ich vermute, es ist eine Kombination von beiden… na ja, macht irgendwie Sinn. Weniger sinnvoll erschien mir die extrem kurze, grasbedeckte Landebahn in Gizo. Sie benutzen eines der winzigen Inselchen als Landeplatz (siehe Foto). Wenig Sprit sprach dafür, dass wirs nicht bis auf die Insel schaffen, Maximalgewicht dafür, dass wir über die Landebahn hinaus schiessen. Die Chancen für eine nasse Landung schienen mir folglich hoch, doch der Pilot hatte alles bestens im Griff.

In Gizo selber, übrigens zweitgroesste „Stadt“ der Salomonen mit 4500 Einwohnern, arbeiteten wir kurz im Spital, doch viel gabs nicht zu tun. Es sprach sich jedoch schnell herum, dass ein Waetman (White man) mit Computerkenntnissen da ist, so dass ich noch anderen Leuten zu helfen versuchte. Oftmals konnte ich nur noch den Tod derer „Patienten“ feststellen, verursacht durch Stromschlag infolge hoher Luftfeuchtigkeit. Tja, Computer haben wahrlich eine kurze Lebenserwartung hier.

Eine Hand wäscht die andere, so konnte ich meinen Tauchkurs teilweise mit dem Zusamenbau eines Computers finanzieren. Das Tauchen selber war absolut genial, sehr vielseitig. Wir schwammen durch ein japanisches Schiffswrack aus dem zweiten Weltkrieg, liessen uns von der Strömung in 28m Tiefe entlang der Kennedy Wall treiben, usw (Für die Taucher unter Euch: ja ja, ich weiss, fuer Anfänger wären nur 18m erlaubt, aber hier nimmt das niemand so genau…).

Die Kennedy Wall ist übrigens gleich neben Kennedy Island (nur ca. 50m Durchmesser), wo wir jeweils unser Mittagessen einnahmen. Die Insel ist nach dem amerikanischen Ex-Praesidenten benannt. Der Hintergrund ist recht spannend: Im zweiten Weltkrieg wurde Kennedy’s Torpedoboot 4 Meilen von dieser Insel entfernt von einem japanischen Zerstörer gerammt und versenkt.

9 der 11 Besatzungsmitglieder konnten sich zum Teil mit Kennedy’s Hilfe auf eben diese Kennedy Island retten. Diese Heldentat hat massgeblich dazu geführt, dass JFK gewählt wurde. Schade bevorzugt heute Amerika Idioten statt Helden… oops, sorry, Mr. Bush.

Nebst Tauchen genossen wir das Nachtleben, welches an und für sich langweilig wäre, doch lernten wir ein cooles, trinkfestes Engländerpärchen kennen. Wir gaben ihnen jeweils je 8 Bier Vorsprung, bis wir dann auch in die Party einstiegen, so dass wir am Ende des Abends in etwa auf dem selben Pegel waren… 🙂

Die letzten 4 Tage wollten wir eigentlich in der Marovo Lagoon verbringen, welche als einer der schönsten Tauchplätze der Welt gilt. Doch auch dieser Plan schlug fehl, diesmal verursacht durch Solomon Airlines. Als wir am Mittwoch von Gizo nach Seghe fliegen wollten, war der dortige Flugplatz wegen sintflutartigen Regenfällen geschlossen. So flogen wir erst mal bis Munda, um von dort aus am nächsten Tag weiterzufliegen. Man vergass leider in Gizo zu erwähnen, dass am folgenden Tag das Flugzeug voll ist. Trotz gefährlich hohem Blutdruck bewahrten wir salomonesische Ruhe. Wir quartierten uns in der Agnes Lodge ein, welche bekannt für gutes Essen ist. Unser Gaumen fand das Essen denn auch hervorragend, Magen und Darm konnten jedoch nichts damit anfangen.

Am Donnerstag lagen wir folglich (nebst 7 weiteren Leuten) im Bett und liessen uns das Essen des Vortags nochmals durch den Kopf gehen…

Am Freitag immer noch kein Flug nach Seghe, geschweige denn zurück nach Honiara. Der Grund lag darin, dass einer der Piloten, ein Australier, beim Start das Flugzeug buchstäblich in die Büsche setzte, als sein Flugzeug im kniehohen, nassen Gras (kein Geld zum mähen) zu schlingern anfing. Hätte er doch auf die einheimischen Piloten gehört, welche wegen Regen und heftigen Boen abgeraten haben, überhaupt zu starten…

Also entschieden wir uns für einen Resort auf Lola Island gleich neben Munda. Joe, ein vor 20 Jahren ausgewanderter Ami, hat dort eine wunderschöne Eco-Lodge namens Zipolo aufgebaut. Auch sein Computer brauchte Pflege, was sich wiederum positiv auf die Kosten unseres Angeltrips auswirkte. Ja Leute, mittlerweile nehmen wir die Fische nicht nur aus und kochen sie, nein, wir fangen sie gleich selber!

Anfangs war ich skeptisch: Wie oft machte ich mich mit meinem Vater in aller Herrgottsfrühe zum Arnensee auf, spiesste unbarmherzig einen Wurm auf den Haken und wartete schlotternd stundenlang vergeblich auf einen einzigen Biss? Gut, versuchen konnte man’s ja.

Ich staunte nicht schlecht ob dem hiesigen Köder: Ein täuschend echter Plastikfisch in etwa so gross wie eine Forelle (ok, ich übertreibe schon beim Köder…). Die Angel selber ist mit Schaumstoff gepolstert und hat ein spezielles T-Stueck am hinteren Ende, welches im Fall eines Bisses oberhalb der Lende angelegt wird, und dann heisst’s ziieeeeheeeeennnn. Lacht nur, zuerst musste ich auch schmunzeln. Doch unser Guide zeigte uns ein Photo mit einem 1.20m langen fetten Thunfisch, an dem er über eine Stunde lang gezoooogen hat, bis der Fisch endlich so müde war, dass er eingezogen werden konnte. Das überzeugte mich, und ich beschloss, die Angel mit beiden Händen zu halten.

Wir fuhren also mit dem Boot durch ziemlich hohe Wellen, die Köder hinter uns herziehend. Nach nur 15 Minuten bog sich Barbara’s Angel dramatisch durch. Nach schweisstreibendem ziehen-kurbeln-ziehen-kurbeln war der Fisch an Bord. Ein sogenannter Color Trout, ca. 1/2 meter lang. Nach ein paar weiteren Minuten hatten wir dann beide gleichzeitig einen Baby Yellow Fin Tip Tuna an der Angel. Wow, Spektakel pur.

Am Abend gab’s dann eine  Geburtstagsparty für die beiden Töchter von Joe (Junge, unliierte Männer aufgepasst: Eine wurde 21 und sieht gut aus…).

Alles in allem ein grandioses Erlebnis. Am Sonntag bestätigten wir 1h vor dem Flug unsere Plätze, fuhren mit dem Boot zurück nach Munda, gingen zum Airport. Wir waren nicht ueberrascht, als das Flugzeug zwar da, aber defekt war… am Montag gings dann definitiv zurück nach Honiara.

That’s it. Unser nächstes Mail erhaltet ihr aus Neuseeland.

Viele Grüsse,

André und Barbara

Solomon Islands IV

Hallo alle zusammen

Es ist wieder an der Zeit, euch News aus von den Salomonen zu senden. Wir haben vieles erlebt, und werden Euch ein paar kleine Muster erzählen.

Also, zuerst etwas zu meinem Spitalalltag: Als Abwechslung habe ich für zwei Wochen auf die Geburtenabteilung gewechselt.

Ich staunte nicht schlecht am ersten Morgen, als ich den Raum voller Frauen in den Wehen sah. Die Krankenschwestern erklärten mir, dass sie pro Tag mindestens 10 Geburten hätten. Und es stimmt, in den 14 Tagen, die ich dort verbrachte, gebärten 144 Frauen ihre kleinen Babys…!

Wie viele wissen, gibt es in der Schweiz 1000 verschiedene Geburtsvorbereitungskurse, man kann auswählen, wie und wo man gebären möchte, und es gibt etliche Möglichkeiten, die Schmerzen während der Geburt zu lindern. Hier gehen die Frauen zwar vor der Geburt in mehrere Kontrollen, kommen dann aber, wenn die Wehen einsetzen, erst kurz vorher ins Spital, laufen bis zur letzten Minute auf der Abteilung herum, gehen in einen der vier Gebärsaele, bekommen ihr Kind, laufen wieder heraus und dürfen sich dann in ein Bett legen, sofern es genügend Platz hat.

Einen Arzt sieht man nie, die Krankenschwestern führen die Geburt selbständig aus. So habe auch ich meine 4 Babys auf die Welt gebracht, und bei einigen mehr assistiert. Ich bin sehr beeindruckt, was die Frauen hier an Schmerzen aushalten, und mit welcher Selbstverständlichkeit sie die Kinder kriegen.

Bemerkung am Rande: Geschrien wird hier während der Geburt praktisch nie, ausser vielleicht bei der ersten Geburt… Kinder kriegen ist hier übrigens klare Frauensache, und deshalb sind Männer tabu auf der Abteilung!

Ja, aber genug vom Spitalalltag, wir haben nähmlich letztes Wochenende tolle Trips gemacht, zusammen mit 6 Medizin-StudentInnen aus England. Am Samstag gings ab ins Landesinnere von Guadalcanal, ca. eine Stunde fuhren wir über holprige Strassen zu einem kleinen, abgeschiedenen Dorf. Der Guide führte uns anschliessend dem Fluss enlang zu einem wunderschönen 63 Meter hohen Wasserfall mit einem Pool. Der Weg dahin war wunderschön! Es war wie im tiefsten Urwald und wir mussten mehrmals durchs den Fluss waten. André hatte eine weitere unwillkommene Begegnung mit einer Monsterspinne, die sich gemütlich vor seinem Kopf abseilte… (zum Glück er, nicht ich)

Unsere Engländer waren optimal ausgerüstet für einen 4-stündigen Walk: sie hatten eine Mineralflasche in der einen, und ein Plasiksäckchen mit einem Minisnack als Lunch in der anderen Hand. Der Weg war sehr glitschig und oft fing man eine Sandale voller Schlamm ein. Jetzt stellt euch diese Nicht-Wander-Gewohnten StudentInnen doch mal bildlich vor……. no comment!

Ok, fertig mit Schmunzeln, der Wasserfall war wirklich unglaublich schön und wir genossen ein kurzes Bad (André genoss es, ich weniger, da es im Wasser Pflanzen hatte, und wer wusste schon was sonst noch alles…) im ziemlich kalten Wasser.

Am Sonntag ging es am Morgen früh los mit einer Fahrt auf die Vulkaninsel Savo Island, circa 1 Stunde Bootsfahrt von Honiara entfernt. Die Studenten tauchten nur noch teilweise auf, ob es den Blasen an den Füssen oder dem Alkohol zuzuschreiben war, ist unklar. Die meisten humpelten jedenfalls bedenklich…

Auf der Fahrt zur Insel begleitete uns ein Schwarm Delphine, und das war genial!! Sie machten eine kleine Vorführung ihrer Künste nur für uns. Auf der Insel wurden wir Zeugen, dass es tatsächlich eierverbuddelnde Vögel gibt… Sie nennen sich Megapodes und vergraben ihre Eier einen Meter tief im Sand! Dieser Vogel ist nicht etwa gross, nein, kleiner als ein Huhn, aber legt doppelt so grosse Eier. Tolle Leistung!

Doch das eigentlich Schöne war die Wanderung zum Innern des Vulkans. Wir folgten 1,5 Stunden einem kleinen, zuerst warmen, dann je näher wir dem Vulkan kamen, kochenden Bach. Die Vegetation war einmalig, alles grün, einfach fantastisch, nur den Fuss durfte man nicht ins Wasser setzen, und das war zeitweise gar nicht so einfach. André kann dies bezeugen, sein grosser Zeh sieht nämlich immer noch leicht geschmort aus! Die Temperatur ganz oben beim Vulkan war ziemlich schweisstreibend….(nicht, dass wir vorher nicht geschwitzt hätten vom Laufen) Überall kam heisses Wasser aus den Felsen, und es roch nach Schwefel.

Auch hier eine kleine Anekdote zu unseren Engländern: Das Plastiksäckli war auch hier dabei, aber das Wasser fehlte ganz…

Zum Schluss muss ich eingestehen: André und ich hatten zwar keine Blasen, nie Durst oder Hunger, wie die Engländer, aber sonstige Kratzer vom Urwald, die sich massiv entzündeten. So waren schlussendlich wir jene, die die ganze Woche humpelnd umherliefen und dicke Verbände um unsere Fuesse und Beine wickeln mussten…

Unser nächstes Mail wird das letzte von den Salomonen Inseln sein. Aber es wird sicher sehr spannend,weil wir dann von der Unterwasserwelt des angeblich schönsten Tauchgebietes der Welt erzählen können. Vorausgesetzt André besteht den sehr wichtigen Teil seines Tauchkurses, den Nahkampf mit dem weissen Hai…

Herzliche Grüsse von der anderen Seite der Welt senden

Barbara und André

P.S von André: Auf dem einen Foto seht ihr unseren Vulkan-Guide. Auf seiner Schulter trägt er ein Buschmesser mit einem glimmenden Stück Holz dran, welches er immer kurz vor dem Auslöschen ersetzt. Auf meine Frage nach dem Warum antwortet er, dass Streichhölzer fuer ihn als Raucher viel zu teuer sind. Er baut sich sogar seinen eigenen Tabak an, ein wahrer Selbstversorger also… 🙂

Solomon Islands III

Helo mi fends,

wieder mal ein paar News von den Salomonen… ich hoffe das letzte Mail über das Spital und deren Patienten hat Euch nicht allzu sehr geschockt. Ich bin jedenfalls froh, bin ich nur so ein Computerheini, der vorwiegend mit technischen Viren zu kämpfen hat. Aber auch in meinem Gebiet gibt es allerhand Schockierendes… vor allem die elektrische Verdrahtung erstaunt mich immer wieder. Sie würde in der Schweiz wohl keine Kontrolle überstehen.

Nebst meiner technischen Arbeit, die vor allem darin besteht, die Computer wieder zum laufen und/oder auf den neusten Stand zu bringen, versuche ich auch, das jetzige Informatik-Chaos zu reorganisieren, so dass das Spital für die zukünftigen Informatik-Belange gewappnet ist. Die Sitzungen mit den verantwortlichen Leuten erfordern sehr viel Geduld und Fingerspitzengefuehl. Aber steter Tropfen hölt den Stein, und langsam bewegt sich in dieser Richtung was.

Aber lassen wir das Spital und kommen wir zu den knallroten Zähnen der Salomonesen. Läuft man durch Honiara und schaut auf die Strasse, fragt man sich anfangs, warum überall diese roten Flecken auf dem Randstein sind. Die Frage klärt sich, sobald man von einem Einheimischen angelächelt wird (nein, kein weisses Colgate-Lächeln!): Die Zähne sind oft, falls vorhanden, knallrot. Der Grund ist das sogenannte Betelnut-Chewing.

Obwohl wir es selber nicht probiert haben, hier die Anleitung: Man nehme eine Betelnut (eine rötliche Nuss), ein spezielles Blatt von einer uns unbekannten Pflanze und den Saft einer Limone, stecke das alles zusammen in den Mund und kaue es. Der Effekt: Durch die Mischung aller drei Stoffe entsteht eine berauschende Wirkung, die unter anderem darin besteht, dass der Mund wie gelähmt ist. Tja, und diesen Mix spucken sie uns dann regelmässig vor die Füsse. Eigentlich würden wir es ja gerne probieren, doch würden uns dies unsere Dentalhygieniker wohl nicht verzeihen, wenn wir wieder zurück sind.

A propos Spucken: Anders als bei uns scheint dies hier nicht etwas ‚Unanständiges‘ zu sein. So staunt man zwischendurch nicht schlecht, wenn da so ein zierliches Frauchen plätzlich in aller Lautstärke anfängt zu ‚choderen‘ (gibt es da ein hochdeutsches Wort dafür?), so dass sich alle Weissen im Umkreis von 20m umdrehen. Ein kunstvoll gespuckter Bogenschuss vor ihre eigenen Füsse beendet das Prozedere.

Vielleicht fragt ihr Euch, was wir jeweils an den langen Abenden machen. Schliesslich fehlen uns alle gängigen westlichen Unterhaltungsmöglichkeiten. Nun denn, sehr viel Zeit verbringen wir mit lesen.

Dann natürlich studieren wir unsere Gecko-Familie (Geckos sind kleine Reptilien, die in etwa aussehen wie Eidechsen), welche unser Kiwi-Haus von Insekten befreien. Diese putzigen Tierchen sind wirklich unterhaltend, vor allem dann wenn sie sich gegenseitig bekämpfen und von der Decke fallen. Der Härtetest im Kiwi-Haus besteht darin, nicht zu kreischen, wenn man von einem Gecko getroffen wird…

Für Euch tönt das sicher ziemlich einfältig, oder? Aber immer noch ansprechender als Big Brother und dergleichen…

Weiter ist da noch Joshua, ein Einheimischer, der uns regelmässig beim Nachtessen stört und etwas in beinahe unverständlichem Pidgin-Englisch plappert. Er ist geistig nicht ganz auf der Höhe, was mich aber nicht wundert: er hat mir erzählt, dass Ausserirdische sein Hirn ins All mitgenommen haben. Da muss das Denken ja schwer fallen!

Tja, und zu guter Letzt sorgt unsere Malaria-Prophylaxe jede Nacht für Unterhaltung. Anfangs haben wir uns beide gefragt, warum wir so viel träumen. Schliesslich sagte uns dann ein Medizinstudent, dass dies von den Malaria-Mitteln stamme. Tatsächlich steht in der Beilage, dass als Nebenwirkung vermehrt Träume auftreten können. Sozusagen Gratis Hollywood Blockbuster im Schlaf.

So, das war’s mal wieder. Dieses Mal schicken wir keine Bilder, sondern einen Song einer einheimischen Band, sozusagen volkstümliche Musik von den Solomon Islands (Windows Media Player Format):

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Eine Band hat ca. 20 Mitglieder, ihre Instrumente bestehen nur aus Panflöten, manchmal ergänzt durch kleine Trommeln. Die Panflöten gibts in allen Variationen; am imposantesten sind die ganz grossen: Deren Bambusrohre sind über einen Meter lang und ca. 10cm dick. Die Töne erzeugen sie, indem sie mit einem flachen Gegenstand auf die verschiedenen Rohre schlagen. Oft verwenden sie dazu ihre Schuhe, sprich Flipflops. Natürlich hört man die Musik am besten live: die Reggea- und Ska-Rhytmen sowie die Art des Tanzens verströmen eine Lebensfreude, wie man sie bei uns selten sieht.

so long,

Andre und Barbara

Solomon Islands II

Hali Hallo…

Als erstes muss ich euch meine Geschichte mit der Spinne erzählen. Heute Morgen kurz nach sechs torkle ich schläfrig aus meinem Bett auf die Toilette. Kaum abgesessen, erlitt ich den ersten Herzstillstand in meinem Leben…

An der Wand neben mir erblickte ich nämlich eine riiiiiesige Spinne (die verzehrt wahrscheinlich täglich kleine Bärbis!!!). Ich war innert Hundertstelsekunden wieder aus der Toilette gerannt und habe André geweckt. Dieser nahm einen Flug aus dem Bett (Ich weckte ihn nicht so sanft) und schaute sich das Monster selbst an. Und ihr glaubt nicht wie froh ich war, als sogar André sehr beeindruckt war von der Grösse der Spinne (fast so gross wie eine Tarantel, sprich Handflächengrösse!).

Ja, den Weg ins Jenseits hat die Spinne anschliessend an André’s Turnschuhsohlen klebend angetreten… Aber den heutigen Tag verbrachte ich eigentlich nur damit, überall und immer nach Spinnen Ausschau zu halten.

Jetzt aber zurück zum normalen Leben hier in Honiara. Die Salomonesen sind sehr freundliche und ausgeglichene Menschen (ausser unter Alkoholeinfluss, was hier ein grosses Problem ist, wegen der hohen Arbeitslosigkeit). Es gibt drei verschiedene Völkergruppen: die Polynesier, die Melanesier und die Gilbertesier. Sie unterscheiden sich durch leichte Unterschiede der Hautfarbe und der Haare. Die Leute sind eher klein gewachsen und von stämmiger Postur.

Aber das Lustigste sind die Füsse! Die meisten hier tragen keine Schuhe, oder wenn, dann nur Thongs (= Flipflops, haben also nicht die gleiche Bedeutung wie in den USA :-)), und das seit Kindheit. Das hat wohl in der Evolution dazu geführt, das sie mega breite Füsse haben, richtige Flossen. Und vom Barfuss laufen ist die Fusssohle beinahe platt und rund. So ein Vorderfuss kann gut 15 cm breit sein…

Der Lieblingsspruch der Salomonesen ist: ‚we will do it tomorrow‘, und diesen Spruch hört man dann jeweils auch am nächsten Tag… Für uns Schweizer sehr ungewohnt, aber man gewöhnt sich daran, dass hier alles viel viel viel langsamer geht, eben in Solomon Time.

So werden auch die Arbeitszeiten sehr individuell gestaltet! Ich und die Stationsleitung sind immer um 7.00 Uhr da, die anderen trudeln zwischen 7.05 und 9.00 mal ein…. Vorgestern tauchte die Nachtwache nicht auf, was soll’s, macht halt die Pflegehilfe alleine Nachtwache!

Das Spital hat circa 300 bis 400 Betten. Alleine die chirurgische Abteilung, auf der ich arbeite, hat 56 Betten. Das heisst, zwei 24er Zimmer und vier 2er Zimmer. Dazu kommen noch alle Angehörigen, die die Patienten begleiten. Pro Patient ist das mindestens eine Person, manchmal aber auch zwei, drei, oder die ganze Familie!! Die Angehörigen kümmern sich um die Patienten, essen mit ihnen, waschen sie, und schlafen auf dem selben Bett, oder auf einer Bastmatte am Boden.

Man könnte denken, bei so vielen Menschen in einem Raum sei sicher die Hölle los, aber da irrt man sich gewaltig. Niemend beschwert sich, niemend jammert, jeder hilft jedem und Schmerzen ist ein Wort, das man sehr selten zu hören bekommt. Die Schmerzschwelle ist unheimlich hoch, für uns beinahe unglaublich, wenn wir es nicht selbst erleben würden. Leute mit gebrochenen Knochen, frischen Amputationen, schlimmsten tiefen Wunden, kommen beinahe ohne Schmerzmittel aus.

Die Leute kommen oft erst Tage oder Wochen nach schweren Verletzungen ins Spital. Das hat drei Gründe: Erstens, weil der Weg lang ist, zweitens, weil zuerst etwas anderes erledigt werden musste, drittens, weil sie denken, es sei nicht so schlimm. Überspitzt gesagt, muss der Knochen zuerst in eine andere Richtung schauen, bevor sie es als abnormal empfinden. (Ich weiss nicht mal ob man das wirklich als überspitzt bezeichnen kann).

Letze Woche wurde eine Frau gebracht, die aus Eifersucht von ihrem Mann mit einer Axt auf den Kopf geschlagen wurde. Man versuchte die Frau noch zu retten, und führte eine Gehirnoperation durch, aber (GCS von 4, für die Krankenschwestern und ÄrztInnen unter euch), ueberlebte es nur noch einen Tag nach der Operation.

Oder ein Kind kletterte auf einen Mangrovenbaum, und fiel hinunter auf einen Ast. Dieser Ast hatte einen grossen Stachel, welcher das Kind wortwörtlich aufspiesste. Das heisst, er ging beim Gesäss hinein und bei der Lunge wieder heraus!!!!!!! Doch das Unglaubliche ist, der Stachel hat kein ein Organ verletzt ausser der Lunge, scheint einem unmöglich, aber es ist die Wahrheit. Aber keine Angst, nicht jeder Patient hat eine solch haarstraubende Geschichte.

Ich hoffe, dass ihr trotz den Schauergeschichten noch weiterhin unsere Mail lesen werdet.

Nächstes Mal erfahrt ihr, warum viele Einheimische dauernd knallrote Zähne haben, als hätte sie jemand in die Fresse gehauen (das war jetzt ein Satz von André).

Also bis bald

Barbara und Andre

Solomon Islands I

Hallo zäme,

Wie die meisten von Euch wissen, befinden sich Barbara und ich mittlerweile bereits mehr als eine Woche auf den Solomon Islands im Pazifik.

Für diejenigen unter Euch, die nun etwas erstaunt sind und nicht wissen, was wir hier machen, geschweige denn wo die Solomon Islands sind, nachfolgend eine kurze Beschreibung. Gleich vorneweg: Nein, Salomon-Schuhe werden nicht hier hergestellt, und nein, Salmonellen kommen hier keine vor (was aber einen kleinen Durchfall von Zeit zu Zeit nicht ausschliesst).

Barbara und ich werden bis Ende September im hiesigen Spital, dem Central Hospital of Honiara, arbeiten. Barbara arbeitet als Krankenschwester (mit einem kleinen, weissen Hut auf dem Kopf… passt aber gut zu der weissen Schuerze… he he). Ich selber arbeite nicht etwa als Arzt, wie die meisten Einheimischen hier denken (Weisse Haut = Arzt), sondern als „IT Specialist“.

Meine Hauptaufgabe ist es, Computer wieder in Gang zu kriegen, sie von Viren zu befreien (doch Doktor?), und vor allem die Leute hier im Spital zu schulen.

Auch wenn es am Anfang nicht so schien: Ich habe alle Hände voll zu tun.

Die Solomon Islands gehören zu den aermeren Entwicklungslaendern. Bis letzten Herbst herrschten ausserdem schlimme Unruhen von Rebellen, was dazu führte, dass Australien Truppen auf die Inseln schickte. Die Truppen brachten Ruhe in das Land und sind bereits grösstenteils wieder abmarschiert, helfen aber immer noch, den Staat wieder aufzubauen und ihn von Korruption zu befreien.

Das Central Hospital befindet sich in der Hauptstadt Honiara auf der Insel Guadalcanal. Die Salomonen bestehen insgesamt aus beinahe 1000 Inseln. Übrigens, Vielleicht muessten wir eher Hauptstädtchen sagen, es wohnen nur ca. 10000 bis 15000 Menschen hier. So genau weiss man das nicht… Immerhin existiert eine (einzige) geteerte Strasse, mit ein oder zwei Kreiseln, welche mitten durch das Städtchen führt. Aber eine „Tour de Solomon Islands“ wird es vorläufig nicht geben, die Strasse ist nur ca. 10km befestigt, ausserdem voller Löcher… sorry Lance und Jan.

Allerdings, Radfahren hier ist aus zwei Gründen nicht sonderlich ratsam:

  • Die Luft ist ENORM verschmutzt in der Hauptstadt und entlang der Strasse. Angeblich kommt dies daher, dass die Leute den Diesel hier mit Kokosnuss-Öl strecken. Keine Ahnung ob das stimmt, aber die permanent schwarze Rauchwolke hinter den Fahrzeugen würde dafür sprechen…
  • Und ja, heisse Temperaturen herrschen hier auch. Über Tag wirds ca. 35 Grad heiss, in unserem Schlafzimmer ist es  am morgen immer noch rund 26 warm. Ginge ja noch… wenn da nicht diese enorme Luftfeuchtigkeit wäre. Aber oh Wunder, wir haben uns schon ziemlich daran gewöhnt, schlafen trotz Lärm, Gestank und Hitze wie Engel…

Wir, d.h. ein Engländer, ein Australier, plus ein weiterer Schweizer, wohnen im sogenannten Kiwi-Haus, fuer Schweizer Verhältnisse eine ziemliche Bruchbude. Aber eben, wir sind ja nicht in der Schweiz, und es genügt eigentlich vollauf. Wir haben oftmals fliessendes Wasser, Gaskochherd, eine ziemlich üble Toilette und Dusche, aber eine coole Veranda. In die Waschmaschine habe ich mich prompt verliebt (siehe Bild).

Am Anfang wurden wir fast paranoid ob der vielen Mücken hier, zumal Malaria hier sehr verbreitet ist (vor 10 Jahren kamen auf 1000 Leute 487 Malaria-Infizierte, jetzt sinds glücklicherweise nur noch 20…). Mittlerweile wissen wir, wann die Biester am hungrigsten sind, und verderben ihr Nachtessen mit tonnenweise Antibrumm Forte. Gift pur, Perskindol wärmt weniger auf der Haut!

Die offizielle Sprache hier ist Englisch, was auch die meisten mehr oder weniger gut beherrschen. Untereinander reden die Leute meistens Pidgin, eine abgeänderte Form von Englisch. Vergleichbar vielleicht mit dem Unterschied Deutsch-Schweizerdeutsch. Glücklicherweise wird die Sprache, wenn überhaupt, so geschrieben, wie sie ausgesprochen wird. Hier mal the basics (Am besten laut vorlesen, das K darf kratzen…):

  • „Welkam, mi fend“ (Welcome, my friend).
  • „Hao iu stap?“ (How are you?)
  • „Mi orait, tanggio“ (Me all right, thank you)
  • „Okei, lukim iu“ (Ok, looking you –> see you later)

Hört sich fuer uns ziemlich lustig an.

So, das wäre erst mal etwas über das Land selber. In den nächsten Mails erfahrt ihr mehr über die Leute hier, und für die Hartgesottenen können wir sogar ein paar Sachen aus dem Spital erzählen… mich hauts jeweils fast vom Sockel!

Bae bae (bye bye)

Andre und Barbara